Bio-Aussteiger
Diesmal geht es nicht um jemanden, der ausstieg, um vielleicht der Natur näherzukommen, sondern um den umgekehrten Fall: ein Bio-Bauer der zurück zur konventionellen Ackerwirtschaft kehrte, wie der WDR in "Biobauer ade" berichtet.
Bio ist ein großes Geschäft geworden, und große Geschäfte haben auch immer Schattenseiten. Vor allem Landwirte, die sich ein besseres Aus- und Einkommen vom Bioboom erhoffen, sind oft enttäuscht, dass auch dieser Markt – Überraschung – den Marktregeln gehorcht. Wenn diese Unternehmen keine Verankerung durch lokale Kunden und Netzwerke haben, ist die Abhängigkeit von Abnehmern nicht geringer als in der konventionellen Landwirtschaft. Die Preise mögen etwas höher sein; aber das unternehmerische Risiko, beispielsweise durch Ernteausfälle, ist es auch. Und im weltweiten Markt können Biobauern aus Ägypten, Südafrika oder Chile einspringen, wenn man schwächelt.
"Bioprodukte müssen das Besondere, die Nische bleiben. Und sie haben ihren Preis. Bioprodukte für alle beim Discounter – das geht nicht", sagt der 63-jährige Hermann Schulten-Baumer im Wohnzimmer seines Hauses. [..] Wie viele seiner Kollegen sei er nie ein ideologischer Überzeugungstäter gewesen, sondern habe gedacht, ökologischer Landbau könnte sich lohnen. "Aber die Preisentwicklung war nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe."
Bioprodukte müssen keineswegs eine Nische bleiben. Aber ob es sie für alle beim Discounter gibt, das entscheidet die Kundschaft. Wenn Preis und EU-Label allein den Ausschlag geben, und Biobauern damit voll dem Marktdruck ausgesetzt sind, wird die Qualität bescheiden bleiben. Im Markt werden nur Überzeugungstäter höchste Qualität liefern, und dieser Markt ist ein lokaler.
"Bio" funktioniert nicht gut als binäres Label — dass entweder etwas ist "bio" oder eben nicht. So gut gemeint die Initiative der EU zur Standardisierung des Begriffs sein mag, das kann höchstens Basisinfrastruktur sein. Bio ist gerade in Zeiten des Millionengeschäfts mit dieser Marke eine Sache der individuellen Verantwortung, beim Produzenten wie auch beim Konsumenten. Vielleicht ist eine teilweise Systematisierung von Biolebensmitteln durch das Biozertifikat des Binnenmarktes möglich, aber wirkliche Hochwertigkeit ist nur durch Vertrauen und eine gewisse Nähe möglich. Das verträgt sich leider nicht mit globalen Märkten.