Der Parteienlehrling
Was tut sich in unserer politischen Landschaft? Die Piratenpartei hat in Österreich noch keinen Fuß in irgendeiner Parlamentstür, schon scheint es eine Abspaltung zu geben: Die "RealDemokraten Österreichs" (RDÖ) laden zur Gründungspressekonferenz.
Unsere politische Richtung ist eindeutig sozialliberal,
bürgerliberal und nachhaltig. Liberal in der ureigensten Wortform.
Diese beiden Sätze klingen recht nett in meinen Ohren. Ist ja auch nicht grade eine Aussage mit der man groß aneckt. Als Mitglied des Liberalen Forum könnte ich auch nur schwer widersprechen. Und sonst? Ich bin jedenfalls gespannt, ob es den RDÖ wohl gelingt sich abzugrenzen und abzuheben. Das Motto "Moral vor Technik" (Zitat aus der Einladung zur PK) wird nicht ausreichen.
Auch die Plattform Neuwal hat sich mit einem Artikel der Parteiengründungshausse gewidmet. Einem Absatz finde ich dabei sehr interessant, aber dem Problem darunter doch wieder ausweichend:
Nette Nische statt Bauchladen
Was sich selbst die Österreicher nicht mehr erwarten, ist die eierlegende Wollmilchsau – das klassische Modell der Volkspartei hat ausgesorgt. Ein Top-Angebot für eingeschränkte, möglichst noch nicht oder schlecht abgedeckte Zielgruppen, das ist das Optimum. Neben “Datenfreiheit” ist das momentan mit Sicherheit auch das Thema “Zukunftssicherheit” im ökonomischen Sinn, denn mit Ideen oder gar Rezepten gegen die Euro-Krise geizen Regierung wie Opposition. Randthemen für neue Parteien sind hingegen “Pension” und “Asyl”.
Wie soll das in einer repräsentativen Demokratie funktionieren? Pendler wählen alle die Autofahrerpartei, Umweltbewusste die Grünen — erstere stellen dann vielleicht den Verkehrsminister, zweitere den Umweltminister? Und der Finanzminister entscheidet dann schlussendlich was tatsächlich passieren soll im Lande? (Es können natürlich auch jeweils Ministerinnen sein.)
Dass eine Partei eine Klientenpolitik betreibt liegt in der Natur von Parteien. Dass es mittlerweile mehr Klienten gibt als Angestellte und Bauern auf der einen und Arbeiter auf der anderen Seite gibt, das hat sich ebenfalls herumgesprochen. Aber ich glaube nicht, dass ich eine Partei wählen würde, die sich auf eine enge Zielgruppe beschränkt und sonst keine Konzepte hat – auch wenn ich genau in diese Zielgruppe passe.
Vielleicht ist trotzdem genug Platz für spezialisierte Parteien; nicht als Mitglieder von Parlamenten sondern als Initiativbewegungen in einem System mit mehr direkter Demokratie. Aber bis dahin muss noch so einiges an politischen Konzepten reifen. Die Diskussionen, die zum Beispiel die Piratenpartei in Deutschland angeregt hat, tragen hoffentlich zu einem moderneren politischen System bei. Mehr Parteigründungen alleine werden die erstarrte Politikerkaste in Österreich nicht ankratzen.