Ein schlechter TTIP

Unser Wirtschaftssystem ist auf Wachstum geeicht, das ist keine neue Erkenntnis. Aber die Zeiten des Schöpfens großer Potentiale sind vorerst vorbei, Unternehmen arbeiten effizient nach heutigen Standards. Technische Innovationen sind in einer Phase der Optimierung, neue Revolutionen, beispielsweise autonome Roboter, stehen noch am Anfang. Auch die Organisationen sind ausgereift, die größten davon agieren global; die Größe wird schon zur Bürde, indem die interne Bürokratie Reibungsverluste erzeugt, die die Skalen- und Verbundeffekte, also die Vorteile der eigenen Größe, zumindest teilweise aufhebt.

Aber auch und gerade diese Unternehmen müssen wachsen. Aber wenn die Märkte (wie in EU und USA) großteils gesättigt sind und die Produktion kaum mehr verbessert werden kann? Dann gibt es die Möglichkeit die Rahmenbedingungen zu ändern, jene die künstlich von Staaten und anderen politischen Organisationen geschaffen werden.
Die Banken haben vorgemacht wie das geht. Durch starke Deregulierung wird der Markt unübersichtlich, entstehende Risiken bringen erst einmal neue Gewinnmöglichkeiten, große eintretende Risiken müssen durch die Volkswirtschaften aufgefangen werden.

Genau diese Strategie ist jetzt auch von den Konzernen der Realwirtschaft zu sehen. Sie streben den Abschluss des TTIP an, der zum Ziel hat, die diversen Regulierungen der teilnehmenden Volkswirtschaften auf das jeweils unterste Niveau zu senken. Vereinfacht gesagt, die Zulassung eines Produkts zum Markt in einem teilnehmenden Staat ist dann automatisch die Zulassung in allen teilnehmenden Staaten. Das soll für alle Regulierungen gelten, die nicht ausgenommen sind: Lebensmittelstandards, technische Normen und Zulassungen, immaterielle Güterrechte und Patente, Datenschutz etc.
Was genau im Abkommen steht ist geheim, denn die Verhandlungen finden hinter verschlossenen Türen statt. Die europäische Kommission bestreitet eine Verschlechterung beispielsweise der Lebensmittelstandards durch das Abkommen. Wie die erhofften wirtschaftsfördernden Effekte dann aber tatsächlich erreicht werden sollen, darüber erfährt man wenig. Echte Handelsbarrieren und Zölle können es nicht sein, davon gibt es zwischen EU und USA ohnehin kaum mehr welche. Die Formulierung "remove unnecessary regulations" (siehe TTIP link) lässt jedenfalls auf weniger und niedrigere Standards schließen.

Diese Abkommen hat das Potential, die Balance zwischen Wirtschaft und demokratischer Politik empfindlich zu stören. Es tut das bereits durch intransparente Verhandlungen. Konzerne können danach Staaten verklagen, wenn ihre Gewinne durch Menschenschutz (=unneccessary regulations?) geschmälert werden. Ein internationales Schiedsgericht würde nicht-öffentlich und ohne Berufungsmöglichkeit die staatlichen Regulatorien bewerten und aushebeln können.

Vorsicht bei TTIP, TAFTA, doha: Diese Abkommen müssen der Bevölkerung zur Abstimmung gebracht werden — nach Veröffentlichung und angemessener Zeit zur Begutachtung!

Links:

comments powered by Disqus