Erbschaftssteuer - eine Vermögenssubstanzsteuer?

Bei der Steuerreform herrscht Stillstand – vor allem was die Ausgabenseite betrifft, ist von der Regierung nichts zu hören. Ärgerlich genug; dafür gehen die Wellen hoch beim Thema Steuereinnahmen. Eine sehr interessante Debatte ergibt sich dabei aus den Begriffsdefinitionen rund um "Vermögenssteuern", vor allem bei der Erbschaftssteuer:

"Nennen wir das Kind beim Namen!" titelte heute ein Gastkommentar von Eva Pichler in Der Presse. Gemeint war, die von Teilen der SPÖ gewollte Erbschaftssteuer, obwohl die Partei von der Forderung nach Vermögenssubstanzsteuern abgerückt ist. Prof. Pichler echauffiert sich nun, dies sei bloß ein rhetorischer Trick der Roten, in Wahrheit wäre die Erbschaftssteuer eine Vermögens(substanz)steuer. Warum? Na – weil die Volkswirtschaftslehre das eben so lehrt. Nach ein paar Vernebelungswörtern ("Flow", "Stocks" etc.) wird argumentiert, beim Erben wird das Vermögen ja nicht vermehrt. Interessanter Ansatz, denn wenn ich etwas erbe, gehe ich schon davon aus, dass mein Vermögen damit wächst. Natürlich kann man ideologisch die Familie (oder sonstige Erbengemeinschaften) als volkswirtschaftliche Einheit sehen, und damit die Transaktion in dieser Gemeinschaft negieren. Aber man muss es nicht. Und dann wächst das Vermögen genauso viel oder wenig, wie das gemeinsame Vermögen von mir und meinem Arbeitgeber, wenn er mir mein Gehalt überweist — nämlich gar nicht.

Es ist eben eine ideologische Definitionsfrage. Die Gerechtigkeitsdebatte von Steuern über einen wissenschaftlichen Zirkelschluss zu führen, ist tieferes Niveau als ein bloßer rhetorischer Trick. Natürlich wird beim Erben (beziehungsweise auch beim Schenken) Vermögen transferiert, es geht nicht um die Substanzbesteuerung von dem, was sich ein Mensch persönlich erarbeitet hat. Man kann das Erben steuerfrei haben wollen. Aber bitte DAS Kind dann beim Namen nennen, anstatt sich hinter wissenschaftlichen Definitionstricksereien zu verstecken.

comments powered by Disqus