Gemeinde Baut
Die SPÖ hat beschlossen, nach vielen Jahren der indirekten Einflussnahme auf den Wohnbau in Wien wieder selbst zu agieren. Anstatt Förderungen von Genossenschaftswohnungen wird laut Plan in Favoriten ein "Gemeindebau Neu" im Eigentum der Stadt entstehen.
"Die SPÖ führt ihr neuer Weg tief zurück in die Vergangenheit" meint dazu Dieter Neuwirth in der Presse. Muss ja nicht was schlimmes sein, war ja früher auch nicht immer alles schlecht. Gemeint ist in dem Leitartikel allerdings ein driften nach links, in hierzulande vergangen geglaubte Zeiten, als Staat und Kommunen die Finger nicht vom Markt lassen konnten und verschiedenste Unternehmungen selbst besaßen und steuerten. Das ist gut dokumentiert oftmals schlecht gewesen. Stahlwerke, Energieunternehmen, der Großteil des Telekomsektors — all das funktioniert besser in privater Hand.
Stimmt's hier auch? Der Markt für Wohnraum ist ein anderer als für Eisenbahnschienen oder für Mobilkommunikation. Er ist für die Gesellschaft einer der wichtigsten, es gibt durch sehr viele Marktteilnehmer auf beiden Seiten von Angebot und Nachfrage – und er ist hierzulande stark durch Gesetze reglementiert. Grund für letzteres ist, dass Wohnen zu den Grundbedürfnissen des Menschen zählt, und so wie Nahrung deshalb durch gesellschaftliche Regeln geschützt ist.
Tatsache ist, in Österreich, in Wien, wird viel Geld ausgegeben, um sozialen Ausgleich bei den Wohnkosten zu erwirken. Ganz früher machte das Wien durch das errichten vieler Gemeindebauten (die die Stadt zu einem der größten Wohnungseigentümer in Europa machten), danach mit Auflagen verbundene Förderung von sozialen Wohnbaugesellschaften, und nun vermutlich wieder neue Wohnhäuser. Im Leitartikel Der Presse wird diese neue Strategie als Rückschritt, nicht nur zeitlich, beschrieben.
Hauptkritikpunkt ist das Verhalten der Stadt Wien als Hausherrin. Es ist bekannt, die Wiener Stadtregierung (steht im Eigentum der SPÖ) mit all ihren verworrenen Töchtern ist nicht immer eine angenehme Vermieterin. Sie ist oft willkürlich, überheblich, mächtig, teuer, treibt die Betriebskosten. Und dann wird gerade der Herr Stadtrat zitiert, um das bisherige Modell zu verteidigen:
Dabei hat der zuständige Stadtrat Michael Ludwig einmal gewarnt: „Mit den Wohnbauförderungsmitteln können wir mehr Wohnungen mit gemeinnützigen Bauträgern errichten, als wenn wir als Stadt selbst bauen. [..]
Die Frage ist: Warum ist das so? Liegt es etwa am Filz in der Stadt, dass zuviel “versickert”? Und warum sollte dieser Filz bei Outsourcing auf andere Bauträger plötzlich nicht mehr da sein, wo doch jeder weiß wie eng befreundet die Stadtpolitik nicht nur mit den eigenen Töchtern sondern auch mit den privaten Schwiegersöhnen ist? Weiter im Text:
[..] Außerdem gibt es Vergabegesetze und Richtlinien, die das Bauen für die öffentliche Hand automatisch teurer machen würden.“
Aber auf diese Vergabegesetze und Richtlinien hat die Politik schon noch ein bisschen Einfluss, oder? Jedenfalls meint hier ein führender Wiener Politiker: Leider sind wir als riesiger Immobilienbesitzer ineffizient, und unsere Gesetze machen alles teuer ohne etwas Positives zu bewirken. Arm.
Das gehört Angeprangert und nicht die an sich wirkungsvolle Steuerung in diesem Markt durch beträchtlichen Besitz. Es ist gut, dass die Gemeinde Wien viele eigene Wohnungen hat; damit könnte sie den Markt viel mehr beeinflussen als alle populistischen Hahnenschreie von SPÖ, AK und Freunden. Wenn Wien seine Wohnungen wirklich an sozial Bedürftige vergibt, sich dabei an die selbst vertretenen Gesetze hält, dann bräuchte man nicht dieses Irrsinnsmietrecht. Es gäbe leistbare Wohnungen für die ärmeren Menschen, genug Flexibilität für Mieter und vielleicht sogar ein brauchbareres Mietrecht, wenn Wien sich an die eigenen Regeln halten würde.
Viel besser als ein Gießkannenfördersystem für befreundete Sozialbaufirmen.