Gesehen: Die Eiskönigin – Völlig unverfroren, von Chris Buck/Jennifer Lee
Mit einer Tochter im Kindergartenalter konnte ich schon länger die femme sœurs Elsa & Anna, erstere Königin, zweitere Prinzessin, nicht links liegen lassen. Die Merchandisingmacht dieses kommerziell erfolgreichsten Trickfilms bis jetzt druckte die beiden Schönheiten auf alles Bedruckbare.
Somit ist unser Heim über die vergangenen Monate mit gefrorenen Devotionalien bereichert worden. Elsa und Anna als Puppen, Bücher, Spiele, Farbstifte. Mit der letzten Schachtel zog auch ein gewisser Kristoff ein. – Aha, eine Liebesgeschichte also, Marke »Prinzessin (Königin) und Edler Wilder«. Die Optik der beiden Schwestern ist ja auch eher Stil Barbie, also nichts Überraschendes aus dem Disney Konzern.
Irgendwann musste schließlich auch der Film her, und so kam die Abspielscheibe auch noch ins Haus. Den Film kannte ich nicht. Er sollte auf Hans Christian Andersens Märchen 'Die Schneekönigin' basieren. Dieses war mir aus meiner früheren Kindheit eher als düster-furchteinflößend in Erinnerung geblieben. Aber jetzt geht's ja um Disney – und da ist die Angst nur halb so doppelt.
So kommt es dann auch. Statt einer süßen Lovestory im Pulverschnee gab es dann aber doch etwas gar nicht so Blödes zu erleben. Zwei Szenen möchte ich beschreiben:
I
Eine Schlüsselszene im Film ist der Aufbruch – die Flucht – von Elsa
auf den in Schnee und Eis liegenden Nordberg. Ihre Krönungszeremonie
war ziemlich schiefgelaufen und sie als Zauberin/Hexe/Monster
entlarvt. Die Gesellschaft bleibt schockiert von Elsas Macht zurück
und diese flieht durch den von ihr geschaffenen Winter in die
Berge.
Der Frust sitzt tief; sie ist es leid sich zu verstecken.
Dann, nach ein paar Sekunden, erfolgt eine Verwandlung, in deren Animation man die Kunst von Disney (oder Pixar) sehen kann. Elsa wechselt von der Verzweiflung des Versteckens in die Freude der Kreation, innerhalb weniger Frames wechselt ihre Mimik und Körperhaltung von Verzweiflung zu Überraschung und schließlich Freude:
Damit ist in einem Augenblick die Stimmung ins Positive gekippt. Von da an produziert Elsa Schönes aus Eis. Der Text dazu ist im Deutschen auch schön, hat etwas befreiendes:
Was ich wohl alles machen kann,
die Kraft in mir treibt
mich voran
Was hinter mir liegt, ist vorbei .
Endlich frei!
Im englischen Original wird das etwas deutlicher:
It's time to see what I can do
To test the limits and
break through
No right, no wrong, no rules for me,
I'm free!
Ausreizen der Möglichkeiten, kein richtig, kein falsch, keine Regeln?
Das ist natürlich eine heikle Definition von Freiheit, wenn auch
womöglich eine wahre. Wahrscheinlich keine humanistische Definition
derjenigen Art, die Freiheit des Menschen enden lässt wo sie die eines
anderen einschränkt.
Es scheint als wäre dieses Lied (der Text
im original, nicht die Bilder, die sind süß) ein Schatten der dunklen
Vorlage des Märchens.
II
Ein Element des Films kann man nicht als besonders originell
bezeichnen: Anna ist böse verzaubert, ihr Herz droht einzufrieren –
und nur ein Akt wahrer Liebe kann sie retten. Dieses Thema ist nicht
ganz neu. Kommt in Märchen vor, und auch in einem schon recht
fortschrittlichen wie `Shrek´.
DIe Auflösung dieses Stilelemtns ist in Frozen ist aber tatsächlich
gut gelungen. Dass der erwählte Prinz nichts bringt ist schnell klar,
und zum Akt wahrer Liebe kommt es tatsächlich, auf eine recht schöne
und auch kind-/mädchen-gerechte Weise.
Auch wenn der Film ganz und gar nicht frei von Stereotypen ist, so muss man Disney lassen, dass sie es wirklich schaffen, mit der Zeit zu gehen. Von der Vorlage von HC Andersen ist nicht mehr viel übriggeblieben, aber das muss nicht böse sein.