Liberales Forum & NEOS, wer sind die wahren Liberalen?

sozialliberal — wirtschaftsliberal
linksliberal — rechtsliberal
Heide Schmidt's Erben — Matthias Strolz' Neoliberale
Liberal Democrats — FDP

 

Das sind einige der angeblichen Gegensätze, die man zur Zeit hören und lesen kann, um eine angebliche Inkompatibilität zwischen NEOS und LIF zu argumentieren und zukünftige Flügelkämpfe zu befürchten (beispielsweise dieser Artikel in der Presse). Tatsächlich handelt es sich dabei aber um verschiedene Ausprägungen eines einheitlichen Menschenbildes, das von eigenverantwortlich handelnden Menschen; Menschen die nicht bevormundet werden wollen, gleichberechtigt – aber nicht gleichgestellt – unabhängig von ihrer Herkunft.

Der gesellschaftspolitische Aspekt des Liberalismus mag dabei der einfachere sein. Es war bisher in der medialen Aufmerksamkeit der Schwerpunkt des LIF, das hier sehr ausgefeilte Positionen anbietet. Die Begeisterung in Funk & Fernsehen sowie der schreibenden Zunft hielt sich in Grenzen. Die Unterschiede zwischen LIF und NEOS sind jedenfalls überschaubar, die Einstellung zur Öffnung der Ehe ist das einzige prominente Beispiel. Bei Bildung, Bürgerrechten, dem aktuell heissen Thema Datenschutz, Staatsreform und so weiter gibt es zwischen den beiden Parteien nicht mehr Differenzen als innerhalb der jeweiligen Gruppe.

Das Thema Wirtschaftsliberalität soll nun der Spaltzpiz zwischen LIF, JuLis und NEOS sein? Für mich sind die beiden Themen Gesellschaftsliberalität und Wirtschaftsliberalität aber nicht einmal trennbar. Natürlich gibt es Varianten: Keynes und Hayek, die Wiener Schule und die aus Freiburg oder aus Chicago, der Ordoliberalismus und der begriffliche Gott-sei-bei-uns unserer Krisenzeit, der Neoliberalismus als Sammelbegriff des Bösen Kapitalisten. Trotz aller berechtigter Unterschiede basieren all diese Wirtschaftstheorien darauf, dass die Menschen aus eigenem Antrieb weiterkommen wollen, dass sie kreativ sind für sich und ihre Umgebung etwas schaffen wollen. Und dass die Menschen dabei am besten wissen, was gut für sie ist.

Dafür braucht es Rahmenbedingungen, und bei deren Gestaltung gibt es Unterschiede bei den Liberalen. Die Frage ist: Liberalismus ist nicht Anarchie, aber wer darf uns denn überhaupt Vorschriften machen und uns steuern? Manche sind hier der Meinung, der Staat dürfe das keinesfalls oder so wenig wie möglich. Wenn man die Unternehmen möglichst unbehelligt machen lässt, kommt ein Maximum an Freiheit heraus. Das war früher tatsächlich so, als die Wirtschaft im Aufbau war, und Wachstum keine Frage per se, sondern nur der Höhe nach war. Neue Unternehmen entstanden, manche vergingen, aber es war in Summe für die meisten (unregulierten!) Güter und Dienstleistungen ein freier Markt mit vielen Anbietern vorhanden; da auch noch hauptsächlich lokal, die Globalisierung hat hier neue Regeln geschaffen.
Die Lage ist inzwischen etwas anders. Die glücklichen langen Jahrzehnte mit Frieden führen auch zu immer mehr Konzentration in der Wirtschaft. In viele Branchen bilden sich Oligopole oder gar Monopole. Und hier wird die Lage ernst: Wenn Unternehmen konkurrenzlos werden, endet die Freiheit. Und eine ultimative Konzentration in einem alles übergreifenden Mischkonzern wäre ja schlussendlich nichts anderes als der übermächtige planwirtschaftliche Staat des realen Kommunismus. So weit darf es nicht kommen, da ist der Staat als Regulator leider nötig. Insofern wird er ja von der Wirtschaft immer mehr gebraucht, um Gesetze zum Schutz seiner Güter und Leistungen zu beschließen und durchzusetzen.

Der Staat soll aber kein Unternehmer sein, er braucht keine Stahlwerke und auch keine Energieerzeuger. Eine Ausnahme bildet hier Infrastruktur, die effizient nicht mehrfach aufgebaut werden kann. Schienen- und Stromnetz, öffentlicher Verkehr: Alles was systematisch in die Fläche geht, lässt sich nur punktuell marktwirtschaftlichen Regeln unterwerfen. Das ist ein systemimmanentes Problem — die ÖBB ist kein Musternunternehmen für effizientes Wirtschaften, aber eines ist gewiss: Jedes Unternehmen in Privatbesitz mit Monopolrechten ist keinen Deut besser. Ohne Konkurrenz kein Markt, ohne Markt keine Effizienz.

Und das ist etwas, das NEOS, JuLis und Liberalen Forenten eint: Das Streben zu einer vernünftigen Politik, zu einem Staat der seine Bürgerinnen und Bürger fördert und nicht behindert, Effizienz als Befreiung von Stupidität, Individualität als Freiraum und nicht als Ellbogenmentalität. Diese Gemeinsamkeiten sind die wichtigen neuen Leitlinien der Politik, Differenzen wie man dorthin kommt werden diskutiert werden. So wie in anderen Parteien auch. Nur vernünftiger.

Die Mitglieder von LIF und NEOS haben beschlossen, ihre Parteivorstände Verhandlungen zur Fusion starten zu lassen. Es wird zusammenwachsen was zusammengehört. Mag ich.

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