Schrei vor Glück

Dieser gelungene Werbespruch des Internet-Versandhändler zalando mag (hoffentlich) für Kunden gelten, für viele Angestellte eher nicht. Eine Dokumentation im ZDF nahm die Arbeitsbedingungen der Branche unter die Lupe, hauptsächlich ging es um zalando beziehungsweise dessen Logistikdienstleister DocData,  Wer sich schon etwas mit der Branche auseinandergesetzt hatte war nicht überrascht – auch Amazon kam schon in die Schlagzeilen durch übertriebenes Sparen bei Mitarbeitern — und wurde auch in der Doku nur sehr bedingt lobend erwähnt.

Zalando ist noch aggressiver im Marketing und scheint auch im Bereich Human Ressource (nomen es omen) in dieser Weise zu agieren; die leider immer üblicheren Methoden:

  • Zahlen am Minimum, oder darunter
  • Sich sogar um dieses Gehalt zumindest teilweise drücken;  durch Definition von "Praktika" oder
  • durch Finanzierung von "Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsprozess" der Bundesagentur für Arbeit.
  • Sparen an der Infrastruktur (z.B. Toiletten) bis zur oder über die Grenze des Zumutbaren
  • Größtmögliche Effizienz der Mitarbeiter durch Überwachung

Das vorgestellte Logistikzentrum des von zalando beauftragten Unternehmens DocData liegt in einer sehr strukturschwachen Gegend im Osten Deutschlands. Dem durchaus hehren Ziel dort Arbeitsplätze zu schaffen steht aber ein erpresserischer Umgang mit der Gesellschaft gegenüber. Dass nicht mehr bezahlt wird als unbedingt nötig scheint einleuchtend in Zeiten von marktbeherrschenden Großunternehmen. Dass dann aber auch noch die Gesellschaft durch andauernde finanzielle Hilfen der staatlichen Arbeitsvermittlung zur Kasse geben wird ist dreist. Mitarbeiter werden oft nur solange beschäftigt (für wenige Tage oder Wochen) solange das Gehalt in Form von weiter ausbezahlter Arbeitslosenhilfe vom Staat fließt, danach kommen neue "Probanden". Dass zalando sich überrascht von der Vorgehensweise seines Auftragnehmers DocData zeigt ist ein lahmer Witz.

Beim Trend zu immer höherer Marktkonzentration sind diese Unternehmen nur der nächste logische Schritt von den Großmarktzentren, die Globalisierung im Handel. Ein paar Cent mehr aus Angestellten herauszupressen hat bei diesen Unternehmen betriebswirtschaftlich mehr Sinn als bei einem Einzelhändler mit vielleicht fünf Mitarbeitern., das hat auch nichts mit Billiganbietern zu tun, zalando verlangt durchaus vergleichbare Preise wie der Einzelhandel.

Es ist wichtig, dass die Medien wenigstens die Unterschreitung des gesellschaftlichen Konsens zu Arbeitsbedingungen melden. Druck der Öffentlichkeit ist notwendig, sich auf Gesetze allein zu verlassen hat noch nie funktioniert. Diese können kein moralisches Handeln von Personen erzwingen, von Unternehmen schon gar nicht.

Etwas Hintergrund noch zum Unternehmen zalando: Wie bei sehr vielen großen Internetunternehmen in Deutschland sind auch hier die Brüder Samwer führend beteiligt. Einen Artikel der sich mit diesen erfolgreichen Unternehmerbrüdern beschäftigt findet man in der Onlineausgabe des Manager Magazin.

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