Selektive Sachpolitik, eine U-Bahn durch die Josefstadt

Das Bekenntnis der Grünen zum Ausbau des öffentlichen Verkehrs scheint ein sehr selektives zu sein.

So die ÖVP Josefstadt in ihrer Presseaussendung zum Beschluss der Bezirksvertretung eines Antrags zum Bau der U-Bahn Linie 5. Ich bin etwas überrascht. Es ist für mich ganz klar Grundlage einer guten und seriösen Sachpolitik, selektiv zu sein. In diesem Fall kann ich das Verhalten der Grünen sehr gut nachvollziehen; es wäre umgekehrt den Grünen anzukreiden, wenn sie einem simplen Reflex — wunderbar, drei Milliarden wird für öffentlichen Verkehr ausgegeben — folgen würden.

Was den U-Bahnbau in Wien betrifft bin, stimme ich völlig mit den Grünen überein. Ich halte ein leistungsfähiges Öffinetzwerk für einen wesentlichen Beitrag zu einer lebenswerten Großstadt. Aber der Einsatz der Mittel muss dem Nutzen angepasst sein. Und da sind U-Bahnen nun einmal das Mittel, dass die meisten Ressourcen verbraucht, das heisst, am meisten kostet. Ich sage nicht, dass man die U5 nicht bauen sollte (persönlich würde ich übrigens davon profitieren), aber das gehört gut durchdacht. In der Aussendung der ÖVP finde ich keine stichhaltigen Argumente dafür – witzigerweise aber ein gutes Argument dagegen:

"Man wolle die Menschen unter die Erde verbannen." Mit solch abstrusen Begründungen...

Nein, gar nicht abstrus. Wenn ich die Wahl habe, ohne viel Zeitverlust Öffis an der Oberfläche zu nehmen anstatt die U-Bahn, dann mache ich das auch. Sind das lichtscheue Objekte in der ÖVP? Ich kenne eigentlich keine Menschen, die beispielsweise gerne in einem Büro oder auch nur Besprechungsraum ohne Tageslicht arbeiten.
Andererseits kann man sagen, dass die ÖVP als Partei am ehesten die Autofahrer vertritt. Das ist auch in Ordnung und nichts Schlechtes, aber dann sollten sie das auch so sagen anstatt ihren Intentionen das Umweltschutzmäntelchen umzuhängen. Wenn sich der öffentliche Verkehr unter der Erde abspielt, ist das für die Autofahrer natürlich angenehmer.

Warum die SPÖ Wien dafür ist, lässt sich auch leicht begründen: Mehr Budget für die Wiener Linien, und ein paar zusätzliche Kübel Beton in der Stadt verschüttet. Etwas polemisch, aber trifft's für mich. Wenn ÖVP und SPÖ gemeinsame Sache machen ist Vorsicht angebracht; etwas das man auch bei den aktuellen Begebenheiten um den parlamentarischen Untersuchungsausschuss lernen musste.

comments powered by Disqus