Thema: Wasserversorgung in private Hände?

Zur neuen Richtline der EU, die den Prozess der Privatisierung der Wasserversorgung regeln soll, ist schon viel geschrieben worden. Da sich aber eine meiner Lieblingsinformationsquellen, derstandard.at, dazu äußert, schreibe ich nun doch auch meine Meinung.

Eric Frey meint in seinem Blogeintrag "Wasser ist eine Ware" auf Krisenfrey:

Ein Faktum [ist] nur schwer bestreitbar: Wasser ist ein Rohstoff, der ebenso wie andere von der Natur produzierten Güter nicht verschenkt, sondern verkauft werden sollte.

Immer wieder interessant, was manche Journalisten unter "Faktum" verstehen. Man kann natürlich dieser Meinung sein, dass Wasser ein normales Produkt oder Handelsgut ist, dass den Gesetzen des Marktes unterworfen ist. Aber moment einmal - welcher Markt? Herr Frey erwähnt ja auch, dass die Wasserversorgung ein natürliches Monopol darstellt, also zumindest lokal nicht Marktgesetzen unterworfen ist. Danach folgt die übliche Argumentationslinie von Wirtschaftsjournalisten: Die Produktionskosten werden in den Mittelpunkt gestellt (wer "produziert" denn Wasser?), der Preis muss kostendeckend sein, das Produkt darf nicht verschenkt werden (wo ist Leitungswasser denn gratis?), die heilige Effizienz von Privatunternehmen etc. etc. etc.
Worin Herr Frey aber irrt: Die manchmal tatsächliche, manchmal lediglich gefühlte Ineffzienz des Staates; diese kommt nämlich nicht aus seinem fehlenden Gewinnstreben, sondern eben aus seiner Monopolstellung. Monopolistische Privatunternehmen sind aber um keinen Deut effizienter als kommunale Betriebe, eher im Gegenteil. Letztere sind, wie Herr Frey aber auch bemerkt, nun zumindest nicht gewinnorientiert, und damit ein gewisser Schutz vor der Gier der Menschen; die ist bekanntlich fast unermesslich. Das im Blog erwähnte Beispiel der Stadt Cochabamba ist somit nur insofern ein extremes Beispiel, als dass in diesem lateinamerikanischen Staat auch der Rechtsstaat ein schwacher ist, und ein Unternehmen seine unfreundliche Intention zeigen kann: Gewinn über alles.
Der Druck auf Privatunternehmen, vor allem Aktiengesellschaften, Rendite in immer kürzeren Zeiträumen bereitstellen zu müssen, führt nach einer Privatisierung von Monopolinfrastruktur zur Verwahrlosung ebendieser. Das war oft genug so bei ehemals staatlichen Eisenbahnprivatisierungen, und auch der große Erfolg bei der unternehmerischen Telekombranche liegt nur in der Markttauglichkeit des Mobilfunks — hier sind mehrere Parallele Netze kein Problem; bei der kabelgebundenen Telekommunikation ist es mit der Marktwirtschaft nicht mehr gar so weit her.

Noch ein Satz zur Aussage "Regulierungsbehörden sind ein integraler Teil der Marktwirtschaft": Das mag ja theoretisch ganz fein sein. Aber mir wollen kaum Beispiele einfallen, wo der ach-so-ineffiziente Staat hier plötzlich zum Superstaat wird. Tatsächlich kann ein echter Markt sich mit gesetzlichen Rahmenbedingungen (keine Regulierungsbehörde!) ganz gut selbst regeln, aber beim Monopolgeschäft entwickelt sich durch eine neue Behörde nur eines: eine neue Einladung zur Korruption.

Ich protestiere damit gegen eine Privatisierung der Monopolressourcen einer kommunalen oder staatlichen Grundversorgung. Und ich protestiere dagegen, dass die EU die stark verschuldeten Länder jetzt zu dieser Privatisierung zwingt.

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