Wann bildet sich Bildung?

Das "Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation & Entwicklung des österreichischen Schulwesens" hat diese Woche den "Nationalen Zusatzreport zur Pisa Studie 2009" veröffentlich. Auf derstandard.at berichtet Rita Ruep über diesen Bericht.

Die Leseleistung der österreichischen Schüler verschlechtere sich in allen Schultypen kontinuierlich. Die Gruppe der leistungsschwachen Schüler werde sogar fortlaufend größer. Den Schulen gelinge es nach wie vor nicht, soziale Ungleichheit oder die durch Migrationshintergrund bedingten Unterschiede auszugleichen.

Ich finde es erstaunlich, bezeiten auch deprimierend, wie intelligente Menschen die Meinung vertreten, die Schule könne Defizite im Elternhaus und der vorschulischen Bildung praktisch vollständig wettmachen - es fehlt nur an Reformen. Das Problem liegt doch nicht im unreformierten Schulwesen. Es ist schon so, dass sich auch in diesem Bereich viel mehr tun könnte; dass mal von dieser mal von jener Seite blockiert wird, aber das kann doch unmöglich das Hauptproblem sein! Wenn siebenjährige Kinder eingeschult werden, denen die Eltern Bildung nicht als erstrebenswertes Gut mitgegeben haben? Schlimm genug, dass Eltern allzu oft meinen, Bildung sei die Aufgabe der Schule und sie müssten dazu keine Zeit beitragen, das gab es immer schon. Aber wenn Bildung im Wertesystem schon hinter Smartphone, LCD-TV und Auto zurückfällt, dann wird von selbst die Leseleistung nicht besser werden, und die Schule steht auf verlorenem Posten.
Dazu sind viele Eltern immer weniger ausgeglichen, arbeitslos und frustriert, gestresst und burn-out-gefährdet, flexibel für die Arbeit, kurzfristige Ziele und die Karotten vor Augen. Vorlesen beim Schlafengehen ist nicht mehr drin. Was soll die Schule da noch richten?

Als eine mögliche Lösung vieler Probleme sieht Eder die gemeinsame Schule für alle Zehn- bis 14-Jährigen.

Möglich, dass tatsächlich punktuelle Verbesserungen dadurch zustandekommen. Allerdings bin ich überzeugt, dass sich dadurch nicht plötzlich die Schülerinnen und Schüler unterstützen, sich bessere und schwächere quer über das ganze Bundesgebiet durchmischen. Davon abgesehen - glauben die Experten tatsächlich, dass Zehnjährige Defizite beim Lesen noch aufholen können? Im Einzelfall möglicherweise, mit hervorragenden (!) Lehrkräften, aber so spät systematisch anzusetzen, wird nur mit großem Aufwand, d.h. Einzelbetreuung, Erfolg haben.

Ich sehe das Problem - das die Pisastudien meiner Meinung nach ohne großen Erkenntnisgewinn auch nur ankratzen - mehr als ein gesamtgesellschftliches als lediglich schulisches. Ein halbherziges Herumdoktern am Schulsystem, Gesamtschule in Österreich und Zentralmatura, wird wenig ändern. Es müssen vielmehr die Eltern erzogen werden, ihren Kindern diese Fähigkeiten bereits früh beizubringen.

Noch 'zig Studien, was die Schule machen könnte sind vielmehr kontraproduktiv, weil sie bei Eltern den falschen Eindruck erwecken, das Vermitteln von Bildung kann vollständig an die Schule outgesourced werden.

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