Wirtschaftswachstum

Als liberaler Mensch bin ich prinzipiell auch ein Freund von liberaler Wirtschaftspolitik. Allerdings bin ich der Meinung, dass dieser Begriff (und noch mehr der Gott-Sei-Bei-Uns "Neoliberalismus") selbst sehr frei interpretiert wird; und oft genug wird alles Böse unserer Welt den Neoliberalisten angelastet. Ich weiss, dass die Wikipedia oft Naserümpfen hervorruft, trotzdem möchte ich sie als prinzipiell eher unverdächtige Quelle für den Begriff "Neoliberalismus" heranziehen. Aber das nur nebenbei.

Was ich dann aber bei den meisten Beiträgen und Ausführungen von wirtschaftsliberalen Menschen (aber nicht nur diesen!) dogmatisch finde, ist das fetischartige Festhalten am Wirtschaftswachstum als einziger Weg zum Überleben der Menschheit. Ist es schon schwierig genug dieses überhaupt zu definieren - das BIP ist hier keine aussagekräftige Kennzahl mehr, sind Prognosen abseits über den Zeithorizont einiger Monate mal wieder schwierig. Was über die Auftragsbücher der Unternehmen hinausgeht ist Kaffeesudleserei.

Wie auch immer wir jetzt Wachstum messen, ob junior tranches von CDOs und Katastrophenschäden genauso zählen wie Friseurbesuche und 7-gängige Abendessen im Restaurant, Wachstum muss sein, so scheint es. Auf jeden Fall wünschen wir uns das so. Aber ist es auch so? Wovon hängt denn die Entwicklung der Wirtschaft ab? Spontan fallen mir da folgende Einflussgrößen ein: Zugang zu Ressourcen (Energie und Rohstoffe), Technologie, Organisationsgrad, Motivation. Ewiges Wachstum aus dem Produkt dieser Werte wird es kaum geben. Die Frage ist z.B. auch, ob wir Ressourcenengpässe (Stichwort peak oil, aber auch Rückgang von Erzabbau) durch Verbesserungen an den anderen Parametern kompensiert werden kann. So leiden wir in Wien schon an den hohen Kupferpreisen - da schlechte Menschen Kupferkabel stehlen und deswegen die U-Bahn steht. Der Schaden erhöht ironischerweise das BIP, aber das wieder nur nebenbei.

Für mich ist ewiges Wirtschaftswachstum jedenfalls nicht gesetzt. Aber das ist kein Grund, eine liberale Wirtschaftsordnung abzulehnen. Im Gegenteil. Die (neoliberale) Marktwirtschaft ist nämlich diejenige Wirtschaftsordnung, die am flexibelsten auf Änderungen der Rahmenbedingungen reagieren kann. Weil sie vor allem Motivation, indirekt auch Organisationsgrad, Technologie und Zugang zu Ressourcen nach oben treibt oder möglichst hoch hält. Konkurrenz ist unbestreitbar eine starke Antriebskraft, seit Darwin ist das Wissen um dieses Prinzip gut bekannt.

Ich hoffe dass unsere Gesellschaft und unsere Werte auch ein Schrumpfen der Wirtschaft überstehen, vom Standpunkt der Vernunft gesehen wäre für mich auch hier Marktwirtschaft das System mit dem wir das beste aus unserem Leben machen können.

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