Veni, Vidi, Dedidici – Die Videoisierung der Wissensvermittlung
Grok Imagine
In meiner Zeitleiste bei X gibt es derzeit den Trend, aus Bildern durch KI Videoschnipseln zu erzeugen.
Das Produkt dazu nennt sich „Grok Imagine“.
Dabei wird dem KI-Modell ein Bild übergeben, und die KI imaginiert dazu ein kurzes Video.
Also eine weitere Krücke, die Vorstellungskraft des Menschen auszulagern, die nervenaufreibende Arbeit der Kreativität anderen, wenigen, zu überlassen.
Die KI erweckt sogar verstorbene Familienangehörige wieder zum Leben, weil aus alten Photos plötzlich kurze Videos werden. Für unser Hirn wird die Halluzination, ein Medianeindruck aus den gesammelten Bildern der gesamten Menschheit, zur Realität.

Für die üblichen Medien ist das ein Problem. Aber nur das übliche: Eine Gelegenheit zur Kritik an Elon Musk — und ein wenig „Sex sells“ schadet auch nicht. Was muss man heutzutage nicht alles tun für ein paar Klicks.

Aber: Echt jetzt? Das ist das Problem? Nacktfotos von Prominenten?
Videoerziehung
Wo der Spaß aufhört, jedenfalls aufhören sollte, ist die Indoktrination von Kindern.
Die Lese- und Schreibkompetenz erodierte bereits durch „Digitalisierung“, auch im Schulbereich,
durch Textnachrichten auf Smartphones, als nur mehr mittels Wortfetzen kommuniziert wurde.
Und dann kam Wissensvermittlung und Unterhaltung mittels Videomaterial –
TikTok als bekannteste Plattform dafür.
Wenn die Gerüchte stimmen, dass China den kleinen Chinesen pädagogisch-wissenschaftliche Videos einspielt,
und dem Rest der Welt seichten Unterhaltungsschund, das wäre noch die Krone der Fehlerziehung unserer Kinder.
Was man an TikTok–Trends mitbekommt, es dürfte jedenfalls nicht die Krone der europäischen Aufklärung sein.
Die Phantasie, wichtig für das intellektuelle Reifen und die Kreativität von uns Menschen, verkümmert, wenn die Vorstellung per Video ins Hirn projiziert wird. Während Kinder bisher einfachen Formen und Gebilde durch ihre Vorstellungskraft Leben eingehaucht haben, werden diese nun vom Bildschirm abkonsumiert:
Grok imagine brings my daughter’s toys to life.
Prompt: the pink hair doll jumps on the unicorns back and goes for a ride.
Wissensspeicher
Aber auch die „erwachsene“ Welt leidet unter der hohen Videobandbreite.
Die fortschrittliche Kulturtechnik der schriftlichen Formulierung zersetzt sich immer mehr.
Die hohe Informationsdichte von Text wird ersetzt durch flüchtige visuelle und auditive Reize.
Natürlich gibt es Lerntypen,
für die Videos prinzipiell gut geeignet sind.
Trotzdem ist die schriftliche Informationsvermittlung die effizienteste.
Was darüberhinaus zu bedenken ist:
Texte sind leicht festzuhalten, haptisch auf Papier, oder mit wenig Platzbedarf auch in digitalen Medien.
Sie sind so leicht zu indizieren, zu sortieren und zu durchsuchen.
Videos sind vergänglich, kaum gesehen verblassen sie meist im Kurzzeitgedächtnis und sind auch bei späterer schwacher Erinnerung kaum mehr zu finden.
Nachdem die KI das problemlos kann, hätte ich erwartet, dass zu den im Internet verfügbaren Videos jetzt auch immer ein Transkript geliefert wird, wird das so gut wie nie gemacht. Es scheint kein Bedürfnis der Medienkonsumenten zu sein.
Persönlicher Medienkonsum
Wenn möglich, vermeide ich das Lernen durch Videos.
Bevorzuge immer den schriftlichen Artikel gegenüber den modernen YouTube-Videos, den Podcasts und TikToks.
Video ist geeignet für die Domäne der Unterhaltung.
Leider mehren sich aber die Situationen, wo man Information nur mehr auf Videos bekommt.
Es ist das Gesetz des Marktes, dass die meisten Informationskonsumenten eben Videos wollen.
Somit werden auch interessante Ideen und Gedanken gescheiter Leute nur mehr über deren Videos (Podcasts) vertrieben.
Von Texten scheint man immer schwieriger Leben zu können.
Trotzalledem, ich möchte künstliche Intelligen weder lieben, noch von ihr abhängig sein.

